Die ersten 1.000 km

1000km

Der Start war etwas holperig. Nach der ersten Fahrt kamen die Zahnschmerzen und ich konnte erst ab dem 21.11.2018 richtig loslegen. Aber nachdem ich heute, nach gut vier Wochen, meine ersten 1.000 km mit dem Rad hinter mir hab, hier mal meine Erfahrungen.

Zeitaufwand

Ich wollte eine Stunde pro Tag Sport treiben, weil ich so viel Zeit gerade so „über“ hab. Dann kommt noch die Zeit dazu, die ich sonst fürs Autofahren gebraucht hab. Aktuell dauert die Fahrt in eine Richtung von Tür zu Tür 1 Stunde und 10 Minuten, Tendenz sinkend. Der Rekord bisher liegt bei 1 Stunde und 5 Minuten. Läuft also wie geplant und passt inzwischen gut in den Alltag.

Sport

Das Ganze mit einem normalen Rad zu machen hat ja das Problem, dass ich mich Bergauf komplett verausgaben und anschließend Duschen muss. Mit dem Motor ist das zu jeder Zeit steuerbar. Weil ich den Motor immer mit laufen lasse, kann ich die Trainingsintensität selbst über die Geschwindigkeit steuern. Von „ich mach heut nix“ bei bis zu 25,0 km/h bis „ich mach alles allein“ ab 27,5 km/h kann man alles haben, da die Motorunterstützung zwischen diesen Geschwindigkeiten einfach immer weniger wird bis sie ganz bei Null ist.

Gesundheit

So „robust“ wie aktuell, hab ich mich seit gut 15 Jahren nicht mehr gefühlt. Ich kann auch jetzt im T-Shirt rumlaufen und mir ist ziemlich warm. Mal davon abgesehen komm ich kaum noch durch irgendwas aus der Puste. Fühlt sich gut an.

Der zusätzliche Energieverbrauch macht sich jetzt massiv durch Hunger bemerkbar. Zwei Wochen nach dem Start fing es an. Gefühlt esse ich 50% mehr. „Anfuttern“ kann ich mir so aber nichts. Ist auch ganz angenehm.

Was anfangs nicht so gut war, war der Lenker bzw. dessen Einstellungen. Meine Handgelenke fingen stark an zu schmerzen und ich hab fast 600 km gebraucht, bis ich da die richtige Einstellung gefunden habe. Seit dem tut nix mehr weh. Ansonsten half mir mein Triathlon-Lenkervorbau, weil man die Arme mal ablegen und die Handgelenke mal nicht benutzen kann.

Regen

Regen bis 1 Liter pro Stunde merkt man quasi nicht, weil das gleich wieder verdunstet. Nach der Ankunft ist die Kleidung einfach trocken. Aber die Unterschenkel und vor allem die Schuhe werden eingesaut vom aufspritzenden Dreck von der Straße.

Wasserfeste Gamaschen, auch wenn die albern aussehen, zieh ich deswegen als erstes an, wenn es regnet oder vor kurzem geregnet hat. Wenns an den Beinen nass wird, kommt noch eine dünne, wasserfeste Hose drüber. Wenns mal mehr regnet wird, kommt noch der Regenschutz vom Helm drauf. Eine Regenjacke hat bisher immer mehr geschadet, weil diese die Wärme staut und ich sofort schwitze und so viel Regen, dass die normale Jacke das nicht mehr abhielt, kam noch nicht.

Kälte

Die Kälte aktuell ist eher praktisch zum Fahren. Ich hab „nur“ eine dünne, aber warme, lange Laufkleidung an und eben die halbwegs wasserfeste Jacke drüber. Ist es mal zu warm, so ab +7 Grad oder wenn ich abkühlen will am Ende der Fahrt, kann man die Hosenbeine hoch krempeln und die Jacke öffnen. Ansonsten sind gute Handschuhe für den Herbst von +10 Grad bis ca 0 Grad hilfreich, um weder zu frieren noch zu schwitzen. Bei Temperaturen darunter hab ich noch richtig dicke Winterhandschuhe. Auch unverzichtbar sind der „Schal“, eigentlich nur ein dünner Stoffschlauch, und eine Mütze für unter den Helm.

Wind

Gegenwind kann einem die Laune versauen. Mit dem Motor kann man das aber einfach ignorieren. Es rauscht halt ordentlich in den Ohren, das ist der ganze Unterschied.

Nach einem Tag mit Windstärke 3 direkt von vorn und Böen bis 45 km/h und nur meine normale Brille auf der Nase, hatte ich allerdings knallrote Augen. Es tat auch schon ein wenig weh und auf Dauer würde ich sagen, ist das eher uncool. Also hab ich die normale Brille verpackt und ne ordentliche Klarsicht-Radbrille gekauft. Den Augen geht es seit dem gut, egal wie es windet oder regnet.

Dunkelheit

Nicht gerade angenehm ist das Fahren in der Dunkelheit. Derzeit ja jeden Nachmittag. Hier hilft die 100 Lux Frontlampe. Ist quasi wie ein Scheinwerfer vom Auto. Der ganze Bereich vor einem ist komplett ausgeleuchtet. Ich muss nur aufpassen, wie ich es einstelle. Ich wurde freundlich, und wirklich freundlich, von einem Fußgänger darauf hingewiesen, dass ich doch bitte die Lampe etwas niedriger stellen soll, weil das so unglaublich blendet.

Anhänger

Fahren mit dem Anhänger ist wie fahren mit einer Schrankwand. Der Windwiderstand ist mörderisch und bergauf bewegt man das Teil stellenweise nicht mal schiebend, wenn es z.B. 25% bergauf geht, so wie in Johannisberg. Selbst 5% sind damit schon unfassbar anstrengend. Auch das kann, dank Motor, einfach ignoriert werden. Lediglich die Stelle mit den fast 25%… da ist der kleinste Gang und ordentlich treten angesagt, dann geht es mit knapp 10 km/h da hinauf.

Ich bin sehr froh, entgegen aller Radverkäufer-Meinungen, doch das Rad mit 20 Gängen genommen zu haben. Ohne Hänger braucht man die kleinen Gänge nicht, das stimmt. Aber mit Hänger reicht auch der Motor schlicht nicht aus.

Was ich noch auf die Harte Tour gelernt hab: mit Hänger bei Windstärke 3 direkt von vorn reicht der Akku gerade so für ein mal die 28 km fahren. Ich hatte anfangs mein Ladegerät nicht dabei und musste zurück alles selber strampeln. Das passiert mir nicht nochmal.

Ansonsten ist das Fahrgefühl auch komplett anders. Man hat den Hänger immer im Hinterkopf und bewegt sich entsprechend. Das ist eher Arbeit als Sport.

Verkehr

Ich hab mir extra eine Strecke weit ab allen Autoverkehrs gesucht, und das zahlt sich aus. Die letzten Meter vorm Parkhaus muss ich gut aufpassen. Da wird gefahren, als wenn es keine Fahrspuren gäbe. Und in der Stielstraße wird man von abbiegenden Autos einfach ignoriert, zumindest ist das jetzt schon zwei mal passiert. Sonst gibts noch die Saarstraße, die aber entspannt geht, weil da genug Platz ist. Der Rest ist Verkehrsberuhigt, 30ger Zone in Wohngebieten oder Radwege.

Mal so richtig auf die Straße müssen, ist Stress. Ich war ein mal in Mainz-Kastel. Da gibts fast überall Radwege, viele eher typisch für Wiesbaden. Das würde ich nicht dauerhaft machen wollen. Ein mal bin ich auf der alten B nach Geisenheim gefahren. Das ist zwar minimal kürzer, aber dann auch mehr Arbeit als Sport.

Unterbringung

Vom Parkplatz bei AOE wurden vor einiger Zeit wohl zwei Räder gestohlen, weswegen die das demnächst(tm) umbauen wollen. Ich jedenfalls hab jetzt 5 Schlösser, mit denen das Gespann verzurrt wird. Etwas nervig, diese schließerei, aber besser als am Ende kein Rad mehr zu haben.

Weiteres

  • Der Motor, bzw die Steuerung, senkt ab 20% Ladestand die Maximalleistung ab. Ab 10% ist nur noch minimale Unterstützung vorhanden. Auch das musste ich auf die harte Tour lernen.
  • Den Akku komplett zu laden dauert 2,5 Stunden. Man muss also immer dran denken, das direkt nach der Ankunft zu machen, sonst hängt man etwas fest.
  • Nach rund 500 km und auch wieder nach 1000 km, bzw ja nach zwei Wochen, war der Reifendruck unter 4 Bar gesunken. Bei einem 47 mm Reifenquerschnitt wird das bei hohen Geschwindigkeiten schon recht instabil. Die Luftpumpe steht jetzt direkt im Radkeller.
  • Nach 720 km, oder drei Wochen Fahrzeit, war die Kette komplett trocken und quietschte. Und auch das Öl steht jetzt im Radkeller.
  • Nach 850 km bzw. fast vier Wochen riss das Anschlusskabel am Rücklicht. Alles ist recht robust gemacht, aber der Anschluss nur 0,5 qmm Litze… hmpf. Wenn das nochmal passiert, muss ich hier basteln, weil so viel Kabel zum nachziehen ist da nicht vorhanden.
  • Nach 900 km hab ich die Bremsbeläge mal geprüft: die hinteren sind auf knapp 1 mm runter. Hab schon mal neue bestellt. Das werde ich wohl oft brauchen.
  • Ich wollte Unterwegs auch Musik hören, aber in den Ohren darf ich ja nichts haben, da ich sonst den Verkehr nicht hören kann. Knochen-Kopfhörer sind anfangs gewöhnungsbedürftig, tun aber genau, was sie sollen.
  • Die Wasserdichten Packtaschen zum Transport sind hilfreich. Mein Rucksack wäre schon komplett verdreckt und druchgeweicht.
  • Der geschätzte Stromverbrauch für die 1000km, im Schnitt 1x am Tag ca 1,5h Laden bei knapp 170 Watt, liegt bei ca 10 kw/h, was weniger als drei Euro kostet. Ich werd das demnächst mal messen, nur so aus Neugier.

Fazit

Alles in allem ist das mit dem Fahren recht bequem zu machen. Kleidung und Parken muss man sich halt angewöhnen, und die Wartungsarbeiten mit Luftaufpumpen, Kette Schmieren und Bremsbeläge tauschen, dauern nur 1-3 Minuten und sind ja nur alle zwei Wochen dran.

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